Samstag, 28. November 2020

"Ich wusste gar nicht, dass du klassische Musik hörst."

...schreibt mir doch gerade eine Kollegin.

Ich höre fast alles. Außer Radio, billig-schlecht gemachtem Schrott und Volksmusik (die durchaus nicht immer billiger, schlecht gemachter Schrott ist, aber ich mag sie halt nicht). In meinem Plattenschrank bzw. auf meinen Festplatten findest du avantgardistisches Zeug aus den 80ern (Auflage im Presswerk: 500, nicht alle wurden verkauft) direkt neben den gängigen Klassikern, diese gerne auch in mehreren verschiedenen Versionen. Dazwischen eingestreut Jazz (den ich bekanntlich nicht verstehe), Zeug aus dem Mittelalter, Zappa, Gamelan, klassische indische Musik, Beatles und Stones, Rammstein, die Goldberg-Variationen von Glen Gould 1981 (die gehören für mich in gar kein Genre und stehen auch außerhalb der Zeit), Filmmusik, Lennie Bernstein (siehe Glen Gould), Obertongesänge rumänischer Frauenchöre, bekifften Krautrock aus den Siebzigern, Kraftwerk (siehe Lennie Bernstein) und Abba. Ich kann stundenlang so weitermachen, aber das erspare ich dir.

Ich hatte das große Glück, in meinem Leben von mehreren Menschen die Ohren durchgepustet zu bekommen: 

Mein Großvater, der immer großen Wert darauf gelegt hat, dass wir die in seinen Ohren „gute Musik“ hören und der uns deshalb immer mit großartigen Schallplatten gefüttert hat. Danke Opa.

Mein Musiklehrer aus der Mittelstufe hat mich auf der emotionalen Ebene an Lennie Bernsteins „Mass“ herangeführt und damit geradezu angefixt. Während meines Studiums in Bonn wurde in diversen Programmkinos die "West Side Story“ gegeben. Vermutlich immer die gleiche Kopie. Ich habe mir mit meinem WG-Mitbewohner tagelang JEDE Aufführung gegeben (falls nötig auch zwei an einem Tag). Und wir haben jedesmal geheult, so ergriffen waren wir von der Musik. Danke, William C. Gordon.

Mein Musiklehrer in der Oberstufe hat mir, obwohl ich kein Instrument beherrsche und nicht einmal richtig Noten lesen kann, den Analyseschalter für Musik im Hirn umgelegt. Dafür war ich ihm in allen Phasen meines Lebens dankbar. Es tanzt sich halt viel spannender, wenn man die Mathematik in der Musik der B52s durchschaut. Es macht auch viel mehr Spaß, auf den Riesenboxen einer geliehenen Anlage sitzend die Vibrationen der Ouvertüren von Rossini zu genießen, wenn man versteht. Sogar analoge Synthesizer sind kein echtes Geheimnis mehr. Danke, Dr. Rainer Sajak.  

Mein langjähriger Schachpartner aus Studentenzeiten: Gould, Bach, Goldbergvariationen und vieles, vieles mehr. Danke, Andreas. Schade, dass ich dich aus den Augen verloren habe.

Und dann sind da noch Regina und Jörg aus meiner WG in Zwickau. Filmmusik, Brass, Kastratengesänge und, und, und.... Thank You for the music! 

Und Matthias von der Neustadter Schauspielgruppe. Danke dafür, dass du mir geraten hast, bei Wagner-Opern das bekloppte Schwurbellibretto einfach auszublenden, um die Musik zu genießen. Das hat wirklich geholfen. Vier Stunden mit geschlossenen Augen, und nicht eine Sekunde war langweilig.

Über bildende Kunst und darstellendes Spiel könnte ich ähnliche Geschichten erzählen, aber jetzt ist erst einmal gut. 

Also großer Dank an alle Musiklehrer. Ihr seid echt wichtig für mich.

Ihr macht einen tollen Job. Ohne euch wäre mein Leben ärmer.

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