Dienstag, 12. September 2023

Was ist deine schönste Kindheitserinnerung?

Mein Elternhaus stand direkt am Mittelrhein. Nachdem ich eingeschult wurde hatten wir wieder einmal Hochwasser. Nichts Schlimmes, aber dafür, dass es durch einen alten Brunnen in unseren ebenso alten Gewölbekeller sickerte, hat es gereicht. Mein drei Jahre älterer Bruder schnappte sich das kleine Schlauchboot, das ich zu Weihnachten bekommen hatte und verschwand mit den Worten "Ich brauche das mal kurz. Ich komme dich gleich holen." mit dem Gummiboot im Keller. Nach einer gefühlten Ewigkeit holte er mich tatsächlich. Am Fuß der Treppe lag im vom Grundwasser halb gefluteten Gang das Boot. Wir nahmen Platz, paddelten durch den Flur und als wir um die Ecke in den eigentlichen Gewölbekeller kamen sah ich, dass er überall, in jeder Wandnische und auf jedem Bruchsteinvorsprung, Teelichter aufgestellt hatte, die den ansonsten stockdunklen Keller beleuchteten. Im kristallklaren Grundwasser spiegelten sich die Kerzenflammen, dass es nur so glitzerte. Das Wasser war so sauber, dass man meinen konnte, das Boot schwebt. Es war atemberaubend. Niemand außer meinem Bruder und mir hat das alte Gewölbe so gesehen. Dass er das nur für mich gemacht hat, treibt mir auch heute noch, 55 Jahre später, das Pipi in die Augen.

Montag, 11. September 2023

"Der Mensch ist kein Vegetarier sondern ein Allesesser."

Das möchte ich einmal präzisieren:

Der Mensch IST aus biologischer und historischer Perspektive ein Allesfresser. Das heißt aber nicht, dass er IMMER ALLES in sich reingestopft hat, vor Allem nicht immer Fleisch. Zuerst waren wir, bis etwa 12000 vor heute, Jäger und Sammler. Da wurde alles gesammelt und gegessen, dessen man gefahrlos habhaft werden konnte. Also Beeren und andere Früchte, Nüsse, Knollen, Grassamen, Vogeleier, Insekten und Kleintiere. Vielleicht ab und zu mal ein größeres Wildtier, aber die zu erlegen war schwierig. Im Winter gerne auch öfter Fleisch, denn da gab es kaum andere Nahrung. Aber die Legende vom Urmenschen, der zweimal täglich ein halbes Mammut verschlungen hat, ist ein Märchen. Fleisch war in dieser Zeit ein knappes und wertvolles Gut.

Mit Erfindung des Ackerbau vor 12000 Jahren wurde der Fleischanteil in der Nahrung zunächst knapper. Es gab auf dem Acker genug zu tun, deshalb war zum Jagen keine Zeit. Die Tierzucht wurde aber erst mehrere tausend Jahre später erfunden. Schlechte Zeiten für den Grillfan.

Mit der Erfindung der Tierzucht wurde der Fleischanteil bei den meisten Menschen - und das waren in dieser Zeit einfache Bauern - auch nicht schlagartig riesengroß. Tiere mit extra dafür angebautem Futter durchzufüttern, nur um sie dann eines Tages essen zu können, konnten sich die meisten Bauern nicht leisten, denn der Input an pflanzlichen Proteinen als Futter ist etwa zehn mal so hoch wie der Output an Fleisch. Vielmehr wurden Tiere so ausgewählt, dass man sie mit dem füttern konnte, was an pflanzlicher Nahrung übrig blieb oder für den Menschen nicht verdaulich ist. Also hielt man ein paar Hühner für die Küchenabfälle, eine Sau, vielleicht ein paar Ziegen oder Schafe und vielleicht ein Pferd als Zugtier. Fleisch war rar und kostbar. Und wenn ein Huhn keine Eier mehr legte, kam es in den Suppentopf, aber erst dann! Es nur für die Fleischerzeugung zu halten, wäre den Bauern über viele tausend Jahre nicht in den Sinn gekommen. Und einmal im Jahr wurde eine Sau geschlachtet. In Ermangelung von Kühlmöglichkeiten wurde das Tier sofort verarbeitet und im ganzen Dorf verteilt, es gab ein großes Fest - das Schlachtfest. Vielleicht wurde an Weihnachten noch eine Gans geschlachtet. Fleisch war rar und kostbar, sein Verzehr stellte die Ausnahme dar, nicht die Regel. Und das Jagen von Wild war spätestens seit dem Mittelalter dem Adel vorbehalten.

Und so ging das eigentlich bis in die Neuzeit weiter. Der womöglich tägliche Verzehr von Fleisch ist dem Menschen zwar biologisch möglich, war aber (fast) immer nur einer kleinen, privilegierten Minderheit vorbehalten. Es ist also nichts "unnatürliches", wenn Kinder im Kindergarten nicht mit Fleisch gefüttert werden, zumal sie ja an zwei weiteren Mahlzeiten pro Tag weiterhin Fleisch essen können und auch dürfen. (und das ist immer noch viel, viel mehr, als die Menschen über Jahrtausende an Fleisch oder Wurst verzehrt haben!) Es ist auch nicht "krank" weniger Fleisch zu essen, sondern nachweislich gesund. Und von "Zwang" kann hier auch nicht die Rede sein. Jeder kann bestellen, was auf der Speisekarte steht. Und wenn da ab jetzt keine Fleischgerichte mehr drauf stehen, dann nimmt man halt etwas Anderes.

Und jetzt lasset den Shitstorm auf mich herabregnen!

P.S.: Nicht schwer zu erraten, dass dieser Kommentar eine Antwort in einem Thread war, in dem sich harcore-Griller aufregten. Konkret: Über eine Meldung, dass es in Zukunft in Freiburgs Grundschulen keine Fleischgerichte mehr gibt. Die Worte und Sätze in Anführungszeichen (inclusive der Überschrift) sind wörtliche Zitate aus deren Kommentaren. Zu einem Shitstorm kam es bis jetzt nicht. Wenn man den Leuten so etwas vernünftig erklärt, verstehen sie das eigentlich immer. Und wenn man es mit sicheren Argumenten so ausführlich macht, dann trauen sich die, die es nicht verstehen zumindest nicht, zu widersprechen. Ich nenne das eine "Nerd-Bombe".


Sonntag, 18. Juni 2023

Predator

Eben habe ich mir im direkten Vergleich "Predator" aus dem Jahr 1987 und mit "Predator - Upgrade" aus dem Jahr 2018 die neueste mir zugängliche Produktion aus diesem Franchise angesehen. Der 2022 veröffentlichte Teil "Frey" ist z. Zt. nur bei Disney+ und Hulu zu sehen, und ich schließe nicht NOCH ein Abo ab, nur um eine Filmkritik zu schreiben.

Was mir bei der inzwischen 36 Jahre alten Produktion mit dem noch relativ blutjungen Governator Schwarzenegger negativ auffällt ist das etwas aus der Zeit gefallene Frauenbild. Die sind v. A. dafür da, vor Angst zu zittern und mit brüchiger Stimme über ihre getöteten Männer zu berichten. Aber sonst? Ein Drehbuch mit klar strukturierten Charakteren, dem Zeitgeist entsprechend zwar etwas schablonenhaft, aber so war das halt im Actionfilm der 80er. Ein klarer Spannungsbogen mit Logik und nachvollziehbaren Wendungen, spektakuläre, handgemachte Pyrotechnik ohne CGI und jede Menge markige, zitierfähige und -würdige Sprüche wie zum Beispiel „Wenn es blutet, können wir es töten“, "Du bist so abgrundtief hässlich." oder "Ich habe keine Zeit zu bluten.".

Der 31 Jahre jüngere Film... Wie soll ich sagen? Ich fange mal damit an, was mir gefallen hat: 

  • Die CGI-Effekte sind toll! Wirklich gut. Gehört zum Feinsten, was ich jemals gesehen habe. 
  • Das Frauenbild hat sich tendenziell verbessert. Leicht.

Aber sonst? Das Drehbuch ist wirr, voll von ohne Not eingeführten, merkwürdigen Charakteren und logischen Brüchen. Warum sollte ein Alien-Predator bei einer Millionen Lichtjahre dauernden und ressourcenverzehrenden Reise ausgerechnet seinen Hund mit auf die Jagd nehmen. Und warum schmeißt der Köter sich bei der ersten, besten Gelegenheit der potentiellen Jagdbeute an den Hals? Fragen über Fragen! Und dazu noch dieses verquaste, biologische Pseudowissenschaftszeug. Wissenschaftlerinnen, die mit einem Kindermikroskop aus dem Kaufhaus bahnbrechende Entdeckungen machen. In einer Viertelstunde gibt es in diesem Film mehr Schnitte, als in der vollen Länge der älteren Produktion. Och Leute! Lernt doch bitte einmal zuerst euer Handwerkszeug. Der Plot ist garnicht schlecht.