Donnerstag, 31. Dezember 2020

2020

Diese angestrengte Partyfröhlichkeit in den öffentlich-rechtlichen Kanälen an Silvester nervt mich schon lange. Ist das auf den Privaten genauso? Ich traue mich gar nicht, umzuschalten. Man könnte ja direkt in der Vorhölle des viertelstündigen Werbeblocks landen. Dann doch lieber Ahnungslosigkeit!

Es war ein schlimmes Jahr. Da gibt es nichts zu beschönigen. Aber lasst uns offen miteinander reden: Es hätte viel schlimmer kommen können. Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Es könnte zum Beispiel Krieg sein. Oder Hungerwinter. Oder Horrorinflation. Der Phantasie sind da praktisch keine Grenzen gesetzt. 

Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. 

Das ist mein Fazit für f****** 2020: Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. 

Und jetzt sollten wir aufhören, zu jammern. 

Wenn ihr den Abend mir euren Lieben verbringen dürft: freut euch. Nehmt sie fest in den Arm und freut euch. 

Wenn ihr nicht mit euren Lieben zusammen sein dürft, dann macht euch bewusst: Ihr habt ein Dach über dem Kopf, es ist in der Bude kuschelig warm, ihr habt einen vollen Kühlschrank oder ein funktionierendes Pizzataxi. Die Apotheke um die Ecke ist gut bestückt, bald auch mit Corona-Impfstoff, es gibt noch Buchläden und Bäckereien. Es gibt Online-Händler, auch abseits von Amazon. 

Uns geht es immer noch gut. Ich möchte nicht mit unseren Vorfahren im Neolithikum tauschen müssen. In meinem Alter wäre ich da längst tot.

Ich wünsche allen meinen Freunden, Bekannten und Unbekannten einen guten Start ins neue Jahr.

Dienstag, 22. Dezember 2020

COVID-19


Nur für den Fall, dass es jemanden interessiert:
Ralf war in Studententagen mein Friseur. Ich weiß nicht mehr wie oft, aber er hat mir immer wieder die Haare für kleines Geld geschnitten. Er wusste, dass ich seinerzeit nicht gut bei Kasse war.
Er hat Azubis und Azubienen. Laufende Kosten wie Miete, Strom oder Heizung. Während eines Lockdowns nimmt er keinen Cent ein. Nicht einen verdammten Cent. Und die Kosten laufen weiter.
Er hätte jeden Grund, zu klagen. Und was macht er? Er singt!

Habt Respekt vor dem Mann!

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Heute

...waren bei uns eine handvoll Fünft- und Sechstklässler in der Schule. Aus allen siebten Klassen jedoch nur ein einziger Junge. Der saß brav und ordentlich beaufsichtigt in einem gut belüfteten (=kalten) Klassenzimmer und bimmste Mathematik und Englisch. Als ich davon erfahren habe, habe ich sofort vom Gemeinschaftstisch im Lehrerzimmer ein paar Süßigkeiten geklaut, und sie ihm gebracht. Er war heute mein ganz persönlicher Held. Und das habe ich ihm auch gesagt.

Dienstag, 15. Dezember 2020

"Lieber Herr Kluth"

"heute schreiben wir Ihnen, um Danke zu sagen.

Danke für Ihre Spende per paypal - denn jeder Euro zählt und hilft uns weiter in dieser schweren Zeit.

Fühlen Sie sich gedrückt, denn wir danken Ihnen außerordentlich und von Herzen.

Ihnen eine schöne Advents- und Weihnachtszeit.

Bleiben Sie gesund,

das gesamte Boulevardtheater-Team <3"

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Liebes Boulevardtheater-Team,

wenn es Sie und Ihre Kolleginnen (Da ich Gendersprache nicht mag, das Anliegen dahinter aber nachvollziehen kann, verwende ich im Zweifel inzwischen relativ konsequent die weibliche Form.) aus der Unterhaltungsbranche nicht gäbe, würde die Nation längst in finstersten Depressionen ersaufen. Wenn uns zum Beispiel der „Winzer Bu“ nicht schon so oft zum Lachen gebracht hätte, dann wäre die Welt noch viel trauriger, als sie es ohnehin schon ist. Depressionserkrankungen haben in diesem Land haben während der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. Depressionen sind die häufigste Ursache für Suizid und noch eine ganze Menge psychosomatischer Erkrankungen. Insofern sind Sie genauso „systemrelevant“ (Ein schlimmes Wort! Deshalb die Anführungszeichen.) wie Ärztinnen und Pflegerinnen: Sie verhindern Krankheit und Tod. Im Ernst!

Ich selber engagiere mich ehrenamtlich als Fotograf und Techniker in der Neustadter Schauspielgruppe. Ich habe schon sehr oft während unserer Vorstellungen die Gesichter der Menschen im Publikum beobachtet: Lachen, Rührung, Erstaunen, Empörung, Kichern, Häme, Liebe, gelegentlich auch Tränen und immer wieder Lachen und Schmunzeln. Die Menschen sind fast immer so unglaublich glücklich, wenn sie ein Theater verlassen.

Das ist wichtig!

Deshalb bitte ich Sie: Halten Sie durch. Wir brauchen Theater. Wir brauchen Schauspieler, Musiker, Comedians. Wir können nicht existieren ohne Hofnarren und Harlekins. Auch Tänzer sind wichtig, Maler, Karikaturisten und Comic-Zeichner. Menschen sind vermutlich die einzige Spezies auf diesem Planeten, die sich künstlerisch auszudrücken vermag und daraus Lustgewinn erzielt. Das ist es, was unser Menschsein ausmacht. (Jetzt habe ich das mit der weiblichen Form schon wieder nicht durchgehalten. Ich gelobe Besserung!)

Wir brauchen Sie!

Bitte halten Sie durch.

Herzlichst Ihr


Adolf Kluth

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"Lieber Adolf, 

hier schreibt Boris Stijelja 

ich leite das Boulevardtheater Deidesheim 

DANKE für die LIEBE MAIl 

ich bin so begeistert von IHRER WORTWAHL 

so toll 

TUT GUT SO WAS ZU LESEN und gibt MUT weiterzugeben machen 

DANKE IHNEN 

HOFFE WIR SEHEN UNS LIVE im THEATER 

Bleiben Sie gesund 

LIEBEN Gruß

Boris"

Donnerstag, 10. Dezember 2020

Man fühlt sich verachtet.

Arbeitsmittel und Arbeitsschutzausrüstung müssen wir selber bezahlen (in jedem anderen Beruf werden solche Dinge vom Arbeitgeber gestellt), und dann machen sich diverse Politiker noch über die Zustände lustig. 


Ich denke seit Monaten darüber nach, alles hinzuschmeißen und frühzeitig in Pension zu gehen. Vielleicht rechne ich das in den Ferien mal mit spitzem Bleistift durch: Die Wohnung ist bezahlt, ich muss also keine Miete mehr zahlen. Ein Bisschen was auf die Seite gelegt habe ich auch. 


Aber vermutlich werde ich mich mal wieder für meine Abiturientinnen im LK verantwortlich fühlen - nur dieses eine Mal noch. Aber da sind ja noch diese drei entzückenden Grundkurse in der 12, die kann ich im nächsten Jahr auch nicht im Stich lassen! Und was ist mit dem LK in der 11? Die brauchen mich doch noch. Denen muss ich doch noch so viel beibringen...


Und darauf baut die Politik. Egal, was man uns für Brocken vor die Füße wirft, wir fühlen uns für unsere Schülerinnen verantwortlich und finden unter Inkaufnahme des Selbstverschleißes einen Weg. Genau wie Kindergärtnerinnen und Krankenpflegerinnen. Das kann so nicht weitergehen.


P.S.: Ich finde Gendersprache doof, obwohl ich das Anliegen dahinter gut nachvollziehen kann. Deshalb nutze ich im Zweifelsfall konsequent die weibliche Form.