Mein Elternhaus stand direkt am Mittelrhein. Nachdem ich eingeschult wurde hatten wir wieder einmal Hochwasser. Nichts Schlimmes, aber dafür, dass es durch einen alten Brunnen in unseren ebenso alten Gewölbekeller sickerte, hat es gereicht. Mein drei Jahre älterer Bruder schnappte sich das kleine Schlauchboot, das ich zu Weihnachten bekommen hatte und verschwand mit den Worten "Ich brauche das mal kurz. Ich komme dich gleich holen." mit dem Gummiboot im Keller. Nach einer gefühlten Ewigkeit holte er mich tatsächlich. Am Fuß der Treppe lag im vom Grundwasser halb gefluteten Gang das Boot. Wir nahmen Platz, paddelten durch den Flur und als wir um die Ecke in den eigentlichen Gewölbekeller kamen sah ich, dass er überall, in jeder Wandnische und auf jedem Bruchsteinvorsprung, Teelichter aufgestellt hatte, die den ansonsten stockdunklen Keller beleuchteten. Im kristallklaren Grundwasser spiegelten sich die Kerzenflammen, dass es nur so glitzerte. Das Wasser war so sauber, dass man meinen konnte, das Boot schwebt. Es war atemberaubend. Niemand außer meinem Bruder und mir hat das alte Gewölbe so gesehen. Dass er das nur für mich gemacht hat, treibt mir auch heute noch, 55 Jahre später, das Pipi in die Augen.
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